Stellschrauben drehen für ein gerechteres Wahlrecht
Westfalen: Nach der Bundestagswahl 2025 ist klar: im neu gewählten Parlament sind Frauen weiterhin unterrepräsentiert. Dass nur 32,4 % der Abgeordneten weiblich sind, passt nicht zum rund 50-50-Schnitt der deutschen Gesellschaft. Und es widerspricht auch dem Gleichstellungsauftrag des Grundgesetzes, Artikel 3 Absatz 2: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“. Deshalb hat die Initiative #ParitätJetzt eine Wahlprüfbeschwerde auf den Weg gebracht. Die Initiative ist ein solidarischer Zusammenschluss aus mehr als 80 Verbänden, Organisationen und Netzwerken. Als Teil des Bündnisses kritisiert die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen (EFHiW) die strukturelle Benachteiligung von Frauen durch das aktuelle Wahlrecht: „Die Wahlprüfbeschwerde ist ein Schraubendreher für die Verwirklichung echter demokratischer Strukturen,“ erläutert Birgit Reiche, Leitende Pfarrerin der EFHiW, „denn es gibt mehrere Stellschrauben, die das grundlegende Ungleichgewicht von Wahl zu Wahl noch festigen.“
So sind Parteien in Deutschland nicht verpflichtet, Frauen und Männer in gleicher Anzahl aufzustellen. „Es gibt zwar freiwillige Quoten, die aber nicht allen Parteien gleich wichtig sind,“ stellt Angelika Waldheuer, Vorsitzende der EFHiW, fest. „Besonders bei Direktmandaten sehen wir Abhängigkeiten: Hier gewinnt, wer die meisten Stimmen im Wahlkreis erhält. Das sind in einer männlich geprägten politischen Kultur eben meist Männer.“ Außerdem werden Frauen häufiger auf hintere Listenplätze gesetzt, was ihre Wahl-Chancen mindert. Die Macht über diese Entscheidungen liegt oft in Netzwerken, die ebenfalls über Jahrzehnte von Männern geprägt wurden.
Ein Blick über den Tellerrand zeigt, dass sich das Dilemma lösen lässt: In Frankreich und Mexiko gibt es konsequente gesetzliche Paritätsvorgaben für Wahllisten, in Schweden gehören freiwillige Quoten ganz selbstverständlich zum guten politischen Ton. Diese Maßnahmen haben dort zu annähernd ausgeglichenen Parlamenten geführt. Eine gerechtere Vertretung der gesamten Gesellschaft ist also möglich, wenn der politische Wille vorhanden ist.
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Quelle: Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.
Fotocredits: Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.