„Berliner Morgenpost“: Von wegen faul. Leitartikel von Birgitta Stauber über eine verkannte Jugend
Es gibt viele Meinungen zur Generation Z, und meistens sind sie nicht sehr positiv. Im Zentrum steht der Vorwurf, die jungen Männer und Frauen seien nicht mehr so belastbar, stattdessen vor allem auf ihre Work-Life-Balance bedacht – und durch die Pandemie irgendwie verkorkst. Über all diesen Eigenschaften schwebt dann noch der stark abwertende Begriff: faul. Ein schwerer Vorwurf, oft kombiniert mit einer Art Mitleid, vorgetragen von der Elterngeneration, den Boomern, die kopfschüttelnd die schlechten Lebensbedingungen der Jugend bedauern – im Vergleich zu ihren. „Wir waren immer viele“, sagen sie gern. „Und das macht es nicht leicht.“ Aber das Leben sei doch bisher ganz okay gewesen. Wiedervereinigung statt Kriegstreiberei, Partys an jedem Wochenende, günstige Mieten, wachsende Gehälter und vor allem: eine ordentliche Rente, die sie sehr bald genießen können.
Noch ein Wort zum Rechtsruck: Der sollte hier weder überbewertet noch ausgeschlachtet werden. Darin spiegelt sich zum einen ein gesamtgesellschaftliches Problem wider. Zum anderen auch eine Missachtung und Ignoranz der etablierten Parteien, denn sie haben die jungen Leute, die sich vor allem über Social Media informieren, sich selbst überlassen – und damit in die Hände der AfD gegeben. Denn die in weiten Teilen gesichert rechtsextreme Partei hat als einzige erkannt, auf welchen Kanälen sie junge Menschen einfangen kann: Youtube, Instagram, Tiktok. Konkurrenz? Gibt es kaum. Widerspruch? Viel zu selten. Ob die Union oder die Ampel-Parteien: Wenn sie endlich einsteigen in die Welt der Videoclips, der unmittelbaren Kommunikation, der Likes und Shares, wenn sie mithalten wollen, müssen sie sich anstrengen. Ein Kanzlerlächeln reicht als Erwiderung auf die AfD nicht aus.
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BERLINER MORGENPOST, Redaktion
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