In Alme, einem dörflichen Ortsteil der Stadt Brilon im Hochsauerlandkreis …. „Rabiat: Deutschland, gottlos?“ am Montag, 9.10., in der ARD Mediathek
Es ist eine historische Zäsur: Seit 2022 sind weniger als 50 % der Deutschen Mitglied in einer der großen christlichen Kirchen. Was bedeutet diese Entwicklung konkret für unsere Gesellschaft? Was passiert in Zukunft mit den zehntausenden Kirchengebäuden in Deutschland? Was verändert sich auf den Dörfern, wenn die Kirche nicht mehr als Treffpunkt und Raum für gemeinschaftliches Leben genutzt wird? „Rabiat“-Reporterin Katja Döhne besucht Orte, an denen die schleichende Veränderung einer Republik, die sich vom konfessionellen Glauben abwendet, hautnah spürbar ist.
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Zu sehen ist „Rabiat: Deutschland, gottlos?“ ab Montag, 9. Oktober 2023, 5:30 Uhr in der ARD Mediathek.
In Alme, einem dörflichen Ortsteil der Stadt Brilon im Hochsauerlandkreis, soll (ist) die katholische Pfarrkirche St. Ludgerus bald (ist) größtenteils abgerissen werden. Aktuell haben in dem Gebäude etwa 350 Menschen Platz. An einem durchschnittlichen Sonntag kommen jedoch nur etwa 30 Leute in den Gottesdienst. Das Gebäude ist zu teuer im Unterhalt. Deshalb entschied das Erzbistum Paderborn, es in naher Zukunft zurückzubauen – sogar mit Einverständnis des Kirchenvorstands. Obwohl es rational betrachtet also starke Argumente für den Teilabriss der Kirche gibt, sind etliche Menschen im Dorf tief erschüttert. Auch wenn sie selbst nicht mehr regelmäßig in den Gottesdienst gehen, halten sie die Kirche für ein unverzichtbares Symbol des dörflichen Zusammenhalts. Ihre persönlichen Erinnerungen an Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen werden, so fühlen sie, durch die Abrisspläne mit Füßen getreten. Das Dorf Alme ist ohne die komplette St. Ludgerus-Kirche für einige Einwohner schlicht nicht vorstellbar.
Die Gegner des Abrisses lassen Taten sprechen …
Als die Orgel aus der Kirche entfernt werden soll – sie wird in der kleineren Version der St. Ludgerus-Kirche keinen Platz mehr finden – kleben die Aktivisten kurzum die Kirchenschlösser zu und verwehren so den Orgelabbauern den Zutritt zum Gotteshaus.
Die Bauarbeiten verzögern sich dadurch, doch langfristig können solche Verzweiflungstaten entrüsteter Bürger das übergeordnete, offensichtliche Problem nicht lösen: Was tun mit all unseren Kirchen in Deutschland, wenn nur noch eine Minderheit sie besucht? „Rabiat“-Reporterin Katja Döhne trifft sich sowohl mit dem jungen Almer Pastor Tobias Kiene, als auch mit den Abrissgegnern, um zu verstehen, warum Menschen so sehr am Kirchengebäude hängen, obwohl sie es kaum noch nutzen.
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In Kelheim bei Regensburg wird die schon vor Jahren entweihte St. Lukas-Kirche mittlerweile als Ferienwohnung vermietet. Bis zu 18 Leute können hier übernachten, direkt neben dem Altar und der noch funktionstüchtigen Orgel. Die Kirche wird vor allem von Familien und Firmengruppen gemietet. „Ich hatte gedacht, dass ich auch Anfragen für Orgien bekommen würde, aber das ist bisher ausgeblieben“, sagt Vermieter Patrick König. Könnte das ein Modell auch für andere Kirchengebäude in Deutschland sein?
Die evangelische Schule in Weiten-Gesäß in Südhessen ist für den kleinen Ort ein wichtiger Pluspunkt, wenn es um den Zuzug junger Familien geht. Die zuständige Evangelische Kirche in Hessen und Nassau plant die Schließung. Ein hartes Sparprogramm wegen der fehlenden Kirchensteuer trifft auf empörte Eltern. Wird es gelingen, die Schule zu erhalten? Und wieviel hat die Empörung mit den christlichen Überzeugungen der Protestierenden zu tun?
Schwester Lucia,29 Jahre, lebt im Kloster der Franziskanerinnen in Salzkotten. Damit ist sie eine Rarität: Während der Rest der Gesellschaft sich immer mehr vom institutionalisierten christlichen Glauben abwendet, hat sich die studierte Geowissenschaftlerin und ausgebildete Bäckerin entschieden, ihr komplettes Leben der katholischen Kirche zu widmen. Wie wurde sie von der Naturwissenschaftlerin zur Klosterschwester? Und was findet Schwester Lucia hier, was sie außerhalb der Klostermauern vergeblich gesucht hat?
Am Ende der Dreharbeiten kommt es in Brilon-Alme trotz aller Proteste zur Profanierung, also zur Entweihung des Kirchenteils, der bald abgerissen werden soll. Damit steht der Abriss endgültig fest. Wie wird das Dorf mit der neuen Faktenlage umgehen?
„Rabiat“-Reporterin Katja Döhne, selbst evangelisch getauft und konfirmiert, zeigt, wie sehr sich jetzt schon unsere Gesellschaft aufgrund der vielen Kirchenaustritte wandelt. Eine Momentaufnahme. Und ein Vorgeschmack auf das, was da in Zukunft noch auf uns zukommt.
„Rabiat: Deutschland, gottlos?“ ist eine Produktion der Sendefähig GmbH im Auftrag von Radio Bremen (Redaktion Michaela Herold) für die ARD Mediathek 2023.
„Y-Kollektiv“
2016 startete das „Y-Kollektiv“ als Format von funk, dem Content-Netzwerk von ARD und ZDF: Journalismus auf YouTube, junge Journalistinnen und Journalisten der Generation Y erzählen die Welt, wie sie sie sehen. Im Laufe der Jahre hat sich das „Y-Kollektiv“ mit über eine Million Abonnentinnen und Abonnenten bei YouTube und über 100.000 Followern bei Instagram eine beachtliche Community aufgebaut. Die liebt die klare, offene Herangehensweise des Kollektivs, die Nähe und Bereitschaft zur Diskussion. Mit „Rabiat“ kam 2018 der erste Schritt ins TV. Ab 13. Juli 2023 konzentrieren die Macherinnen und Macher des „Y-Kollektiv“ nun alle Reportagen in der ARD Mediathek: Immer montags erscheinen dann neue „Y-Kollektiv“-Reportagen in der ARD Mediathek im Wechsel mit „Rabiat by Y-Kollektiv“-Produktionen in der ARD Mediathek bzw. im Ersten.
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Quelle: Radio Bremen, Kommunikation / Presse
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