Religionssoziologe sieht katholische Kirche in tödlichem Selbstwiderspruch – Detlef Pollack: Nicht überschreitbare Grenze der Reformierbarkeit
Der Religionssoziologe Detlef Pollack sieht weitreichende Strukturreformen der katholischen Kirche als tödliche Gefahr für die Institution. „Wenn die Differenz zwischen der Priesterschaft und Laien außer Kraft werden soll, wird das Wesen von Kirche als heilige Institution angegriffen. Eine solche Operation überlebt die katholische Kirche nicht oder sie ist nicht mehr die katholische Kirche“, sagte Pollack dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Dienstag-Ausgabe). Die Kirche sei in einem tödlichen „Selbstwiderspruch gefangen“, insofern sich die Überhöhung des geistlichen Amts als Einfallstor für Missbrauch erwiesen hat. „Man wird zur Kenntnis nehmen müssen, dass es ein unauflösbares Spannungsverhältnis zwischen Moderne und katholischer Kirche gibt – mit einer nicht überschreitbaren Grenze der Reformierbarkeit.“
Mit Blick auf den Rekord an Kirchenaustritten im Jahr 2022 sprach der frühere Sprecher des Exzellenz-Clusters „Religion und Politik“ an der Universität Münster von einem disruptiven Geschehen und einem „Abriss infolge enttäuschter Erwartungen“ vieler Katholikinnen und Katholiken. Während die Fähigkeit einer reformunwilligen Minderheit der Bischöfe begrenzt sei, Fehlentwicklungen einzuräumen und strukturelle Ursachen von Missbrauch anzugehen, täusche sich die Mehrheit der Bischöfe über die Reformierbarkeit ihrer Kirche. Ausstehende konkrete Reformschritte seien nicht die Folge eines Mangels an Reformwillen, so Pollack. „Die Frage ist tatsächlich: Warum passiert so wenig“? Und ich sage: Weil nichts passieren kann. Die Kirche würde sich selbst aufgeben, wenn sie die Reformen so weit treiben würde, wie es notwendig wäre.
Wortlaut des Interviews: www.ksta.de/603246
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Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger, Newsdesk
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